Hintergrund und Ziele.
In der Debatte über Schwangerschaftsabbrüche wirkt es häufig so, als würden sich zwei Seiten gegenüber stehen: „Die“ Kirche gegen „die“ Frauenrechtsbewegung, konservative gegen liberale Parteien, Pro-Life- gegen Pro-Choice-Aktivist*innen. Sie sind Teil einer öffentlichen Debatte über Abbrüche, die so hitzig und kontrovers wie zu fast keinem anderen Thema geführt wird. Denn das Beenden einer ungewollten Schwangerschaft berührt zentrale Fragen unserer Gemeinschaft:
Was sind Rechte und Pflichten von Personen, die gebären können?
Wieviel Schutz braucht ein Embryo oder Fötus, wieviel eine schwangere Person?
Wie sollen Familien aussehen und Beziehungen gestaltet werden?
Und: Wer darf über all das eigentlich bestimmen?
In der Gegenwart scheinen sich die Fronten in der Auseinandersetzung zu verhärten. Einfluss auf die intensive Diskussion über den Schwangerschaftsabbruch haben sicherlich auch aktuelle gesetzliche und politische Veränderungen. 2022 wurde der §219a StGB gestrichen, der die sogenannte Werbung zu Schwangerschaftsabbrüchen verbot. Und im April 2024 empfahl die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin unter anderem, den Schwangerschaftsabbruch zumindest in seiner frühen Phase außerhalb des Strafgesetzbuchs zu regeln.
Parallel zu diesen Entwicklungen verlaufen vielschichtige, gesellschaftliche Realitäten. Sie lassen erahnen: Zwischen den starken Polen in der Debatte über Abbrüche sind ebenso differenzierte Zwischentöne hörbar. Um dieses breite Meinungsspektrum sichtbar zu machen, treffen in der Dialogwerkstatt Menschen aufeinander, die sich sonst eher nicht begegnen würden. Dabei müssen sie keine gemeinsame Position entwickeln oder ihre Meinung ändern. Das Ziel für eine konstruktive Debatte innerhalb und außerhalb der Werkstatt ist vielmehr:
1.) Aufzuzeigen und anzuerkennen, wie unterschiedlich Menschen über Abbrüche denken und argumentieren können – und was sie womöglich doch gemeinsam haben
2.) Ein Thema, das gesellschaftlich emotional diskutiert wird, mit wissenschaftlichen Argumenten neu zu betrachten
3.) Hemmungen im Sprechen über Schwangerschaftsabbrüche abzubauen
Den Verlauf der Werkstatt-Gespräche halten wir in sogenannten
Diskussionspapieren fest. Außerdem haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, mittels Expertisen selbstgewählte Themen als sachlich fundierte Erkenntnisgrundlage für ihren Dialog wissenschaftlich aufbereiten zu lassen.